Krähenvögel: Wer hat Angst vorm schwarzen Vogel?

Mystisch, faszinierend, intelligent oder aasfressend, unheilverkündend und räuberisch... all diese Attribute werden Krähenvögeln – je nach Haltung zu eben selbigen – zugesprochen. Was ist dran an alten Weisheiten und der üblen Nachrede?

Eine für viele Leser überraschende Erkenntnis gleich mal zu Anfang: Alle Krähen, Raben und deren Anverwandte sind Singvögel!

In unserer näheren Umgebung sehen wir hauptsächlich Raben- und Saatkrähen – wobei letztere schon weniger werden – sowie Dohlen, Elstern und Eichelhäher. Den „richtigen“ Raben, den Kolkraben (Corvus corax), haben wir Menschen an den Rand der Ausrottung gebracht.

Seine Bestände erholen sich seit geraumer Zeit, aber mancher vogel-interessierte Beobachter muss lange Reisen unternehmen und viel Geduld an den Tag legen, um einen Kolkraben zu sehen...

Unser Niederrheinisches Gebiet ist letzte Bastion der Dohlen. In der Tat ist es so, dass Auffangstationen und aufmerksame Beobachter sowie zahlreiche Biologen für den Rest Deutschlands nur noch rückläufige Zahlen für die Dohle angeben können.

Oft hört man trotzdem Aussagen wie

„Also die Dohlen, Krähen und Elstern werden ja immer mehr, die plündern Vogelnester, verstopfen Kamine und nehmen überhand...:“

Wir wollen jetzt keine Zahlen wälzen und die unterschiedlichen Studien zum Thema befragen, denn das wird auf vielen anderen Web-Sites zu genüge getan. Gehen wir die Sache einfach mal logisch, also mit dem berühmten klaren Verstand an:

Als ich jung war (und trotz anders lautender Aussagen meines direkten Umfeldes ist das noch nicht soooo lange her), saßen Krähen, Dohlen und andere Vertreter der Rabevögel tatsächlich zuhauf auf den Äckern, Sie folgten den Erntemaschinen und sammelten dabei je nach Gusto Sämereien oder aufgescheuchte Insekten ein.

Für eine gestandene Krähe gab es in Stadtnähe weder interessantes Futter noch andere Gründe, sich in die gefährliche Welt der Menschen zu trauen...
Durch immer effizientere Mähdrescher und „optimierte“ Insektizide ist jedoch der Acker für die Krähe zum geräuberten Büffet geworden. Längst geben die Flächen keine ausreichende Nahrungsgrundlage für die schwarzen Gesellen mehr her.

Also hat sich die Krähe den anderen Kulturfolgern wie Amsel und Meise angeschlossen und ist den kleinen Vögeln in die Stadt gefolgt, um sich dort am reich gedeckten „Abfall“-Tisch zu bedienen. Und da ist sie nun und kommt daher vielen Menschen in ihren Beständen gewachsen vor. Dabei hat lediglich eine Umverteilung stattgefunden.

Nun zu den Vorurteilen:

Ja, Dohlen bauen Nester gerne in Kamine. Und das kann zur Gefahr für alle Beteiligten führen. Dem Menschen bekommt das durch den verstopften Kamin nicht entweichende Kohlenmonoxid eher schlecht, während die Dohle im Kamin entweder selbiges Schicksal erleidet oder erbärmlich gegrillt wird.

Einfache Lösung: Dohlengitter vom Schornsteinfeger anbringen lassen und einen Nistkasten an den Kamin hängen. So ist die friedliche Koexistenz der gefiederten Nachbarn mit dem Menschen ungefährlich für alle.

Elstern und Raben(krähen) klauen Edelmetall und Dinge die aus diesen gefertigt sind.

Jein!!!! Alle Vögel stehen auf Glitzerzeug – sogar Amseln erbeuten hin und wieder einen Ohrring oder andere unbewachte Schmuckstücke. Da kommt wohl das Mädchen im Vogel durch ... Fakt ist jedoch: Weder eine noch mehrere Elstern oder Krähen werden Sie ums Familienerbe bringen. Besteck ist viel zu schwer und alles andere hat draußen (unbewacht) eh nichts zu suchen.

Rabenvögel gefährden die Bestände unserer kleinen Singvögel.

Da kommen selbst wir nicht um die Zahlen und Studien drum herum. Unterschiedliche Forscher kommen zu Ergebnissen zwischen einem und zehn Prozent, zu denen die Nahrung der Rabenvögel aus Eiern und Jungvögeln bestehen soll. Das mag sein, ist aber auch natürlich und von der Natur so einkalkuliert und geplant.

Nicht planen konnte die Natur Unwägbarkeiten wie Glasscheiben, schnell fahrende Autos und (ja, leider auch) Hauskatzen mit schier unersättlichem Appetit. Alleine Hauskatzen kosten den Vogelbestand deutschlandweit jährlich Millionen Vögel – da muss die Elster lange stricken, um dahin zu kommen.

Rabenkrähen und Raben töten neugeborene Lämmer und Kälber.

Das ist nun wirklich kompletter Unsinn, der auf uralten Ammenmärchen basiert, die jeglicher Grundlage entbehren. Raben und Rabenkrähen lauern allenfalls auf Totgeburten, Nachgeburten und andere Reste, niemals wurde bis dato belegt, dass sie gesund geborene Jungtiere töten und verspeisen. Krähenvögel gehören zur Gesundheitspolizei der Natur und beseitigen Kadaver und Reste. Und das macht Sinn, denn so werden Bakterienherde und Krankheiten vermieden.

Man sollte die überaus schlauen Vögel keineswegs unterschätzen. Erfreuen Sie sich deren Anblick doch einfach und nehmen Sie sich die Zeit, die (überwiegend) schwarzen Gesellen zu betrachten und in ihrem schlauen Handeln und oft auch lustigem Spiel zu beobachten.

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